Am Morgen des 14. Novembers war meine Banff-Zeit erst einmal beendet. Sechs Wochen hatte ich hier verbracht, hatte viele neue Leute kennengelernt und wollte eigentlich auch gar nicht mehr weg. Wäre da nicht der Job in Silver Star Mountain, BC gewesen.

Während meiner kurzen Zeit in Kelowna hatte ich den Job durch Zufall bekommen und war trotz Abschied gespannt darauf endlich zu arbeiten. Die genaue Positionsbeschreibung lautete Cook, unexperienced, was eigentlich so viel bedeutet wie, Preparation Cook, also Vorbereitung von Mahlzeiten. Meine Aufgaben waren vor allem Salate zubereiten, Sushi und Burger anrichten und vorerst auch Dishwashing. Eigentlich ganz coole Sachen. Das Interessante am Mountain Katz Restaurant war, dass es seit diesem Jahr unter neuer Führung ist und das Team dementsprechend komplett neu zusammengestellt wurde. Aber erst einmal zu meiner Anreise.

Nach dem Abschied von Steffen, Sophie und Karen, die mich mit dem Auto zur Busstation gefahren hatten, fuhr ich also am 14. November um 8:30 mit Greyhound von Banff über Salmon Arm bis nach Vernon. Das erste Problem hatte ich schon am Vorabend lösen können: die Fahrt nach Silver Star. Das Silver Star Mountain Ski Resort liegt knapp 15 Kilometer entfernt von Vernon und ist vor Beginn der Saison eigentlich überhaupt nicht zu erreichen. Ein Taxi würde knapp 85$ kosten. Glücklicherweise hatte ich morgens auf meine Facebook Seite gepostet, dass ich nach Silver Star fahren würde. Prompt erhielt ich eine Nachricht von Nadine und Kathi, die noch bis Dezember in Vernon leben, ob ich eine Mitfahrgelegenheit bräuchte. Dieses Angebot nahm ich natürlich gerne an 🙂 Danke nochmals dafür!

Okanagan Valley

Die Fahrt dauerte erstaunlich lange und mir wurde erst jetzt bewusst wie weit ich die nächsten Monate von der Zivilisation entfernt leben sollte. Oben angekommen war das Wetter betrübt, es lag aber schon etwas Schnee. Das Samesun Hostel, in dem ich wohne, liegt direkt an der Skipiste. Ich war total begeistert von der Lage. Wer kann schon von sich behaupten eine Saison lang 200 Meter von einer Skipiste entfernt zu leben? Nach dem Check-In im Hostel wurde mir schnell klar, dass die Saison noch nicht begonnen hatte. Es waren maximal 20 Personen im Hostel. Wenn man gerade aus Banff kommt, wo es nur so von Menschen wimmelt, dann ist das schon gewissermaßen ein Schock so alleine irgendwo im Nirgendwo anzukommen. Die nächsten Tage sollten nicht die Besten werden.

Glücklicherweise waren Robin und Simon schon seit einiger Zeit vor Ort, so hatte ich jemanden mit dem ich mich etwas unterhalten konnte. Am nächsten Tag war das erste Mal Arbeit angesagt. Das Mountain Katz Restaurant liegt knappe 300 Meter vom Hostel entfernt. Mittags machte ich mich also auf den Weg, um mich im Restaurant mit Eric, dem neuen Chef des Restaurants zu treffen. Ich hatte von Beginn an eigentlich ein ganz positives Bild vom Team, das sehr jung ist und aus vielen Nationalitäten besteht. Eric und Tom, ein anderer Mitarbeiter zeigten mir, wie ich den „Duck-Salad“, die „Beans“ oder den Nachtisch zubereiten musste. Fünf Stunden arbeitete ich insgesamt am ersten Tag und war am Abend trotz weniger Bestellungen doch ziemlich fertig.

Der nächste Tag begann recht einsam. Ich war alleine im Essensraum und wartete darauf endlich arbeiten gehen zu können. Wie sich herausstellte, gab es im Restaurant so wenig zu tun, dass ich nur zwei Stunden in der Küche verbrachte und mir Eric am Ende meiner Schicht mitteilte, dass er mehr Gäste erwartet hätte und ich erst wieder eine Woche später arbeiten müsste. Na toll. Aber was will man machen. Die Lage des Örtchens wurde nun aber zu einem echten Problem. Ich hatte kein Auto, um mal schnell nach Vernon zu fahren. Trampen funktionierte auch nur bedingt und hier oben war ich wie schon gesagt alleine. Was also machen? Die Skipisten waren auch noch nicht offen und draußen schneite es meistens ununterbrochen. Also blieb mir nur das Internet übrig und selbst das funktionierte nur hin und wieder. Es mag sich depressiv anhören aber ich war stimmungstechnisch wirklich absolut am Tiefpunkt angelangt. Hinzu kam noch die Sorge bald kein Geld mehr zu haben. Ohne Arbeit konnte ich selbst diesem Problem nicht entgegenwirken.

Am Sonntag war ich froh, dass Simon frei hatte und wir zusammen nach Vernon trampten um einzukaufen. Begleitet wurden wir von Nikolai und Thomas, zwei Dänen, die wir im Hostel kennengelernt hatten. Walmart war genau die richtige Adresse für meinen Frust 😉 Ich kaufte mir alle möglichen Lebensmittel, um für die nächsten Tage und Wochen gut ausgestattet zu sein. Was ich natürlich nicht bedacht hatte: ich musste das Zeug ja irgendwie zurück auf den Berg transportieren 😀

Mit zehn Einkaufstüten ging es zunächst einmal zu Wendy’s, einer Fastfood-Kette. Bis heute werde ich bei Mushroom-Burger immer schwach. Das Transportproblem lösten wir schlussendlich so, dass jeder von uns zwei bis drei Tüten von  mir nahm und jeweils zu zweit trampten wir zurück nach Silver Star. Was für eine Aktion!

Ach ja, am Vorabend waren wir noch im Long John’s Pub, wo wir uns zu zweit jeweils den Long John’s Burger gönnten. Zum ersten Mal hatte ich einen Burger gefunden, der mit dem Works Burger aus Famous Warehouse in Vancouver konkurrieren konnte… 😉

No photos

Montag arbeitete Simon und ich war niedergeschlagen. Ich muss jetzt beim Schreiben schmunzeln aber mir ging es wirklich sch****. Wo es nur ging suchte ich nach Motivation, wollte nur noch nach Banff zurück. Robin, mein Arbeitskollege war die Woche nach Vernon gefahren, um sich der Einsamkeit hier oben zu entziehen. Ich beneidete ihn. Ich skypte mit gefühlten zwanzig Leuten, jeder der online war wurde angerufen. Meine Eltern gaben mr schlussendlich den Tipp einfach nach einem zweiten Job zu suchen. Ich nahm also meine letzte, verbliebene Motivation zusammen und suchte nach einer Möglichkeit zu arbeiten. Wie durch Zufall waren hier im Hostel zwei Stellen freigeworden. Das Ganze kann man mit dem Job vergleichen, den ich die letzten zwei Wochen auch in Banff gehabt hatte. Man arbeitet vier Mal fünf Stunden die Woche und darf dafür kostenlos wohnen. Nach kurzem Austausch mit dem Chef des Hostels, hatte ich den Job. Es ging wieder bergauf. Man Plan sah nun folgendermaßen aus: Ich wollte während der fünf Monate hier in Silver Star für zwei Jobs gleichzeitig arbeiten, um so viel Geld wie möglich für meinen Roadtrip im Frühjahr 2014 sparen zu können. Ich war anfangs recht optimistisch was die Arbeitszeiten betraf. 60 Stunden hätte ich während der Hauptsaison wöchentlich arbeiten müssen. Geschafft hätte ich es bestimmt irgendwie. Wäre da nur nicht der letzte Samstag gewesen.

Ich werde hier bewusst nicht alles erzählen, was vorgefallen ist. Um es in kurze Worte zu fassen, ich wurde innerhalb von vier Stunden Arbeit im Restaurant vom Chef so heruntergemacht, dass ich am Abend eigentlich schon sicher war, dort nicht länger zu arbeiten. Wer jetzt an eine Kurzschlussreaktion denkt, mag nicht ganz falsch liegen, wäre da nicht die Tatsache, dass in dieser Woche bereits zwei andere Mitarbeiter gekündigt hatten. Ich kochte innerlich. Mein Glück war, dass ich den Job bei Mike Wiegele noch nicht abgesagt hatte. Nach einer Nacht und ein paar Stunden Überlegen war mir klar, was ich machen wollte. Weg aus Silver Star und ab nach Blue River, auch wenn ich dort nicht die Möglichkeiten zum Boarden haben werde, wie hier in Silver Star. Was nutzt mir aber ein Skigebiet, wenn ich nicht gerne zur Arbeit gehe?

Seit dieser Entscheidung geht es mir wieder gut. Ich habe eine neue Motivation gefunden. Die letzte Woche hat mir wieder einmal gezeigt, wie klein der Grat zwischen Höhen und Tiefen ist, aber auch wie frei man als Traveller entscheiden kann. Am Freitag geht es nach Blue River. 🙂

Stay tuned 😉